Es geht weiter mit meiner Serie: „Reitlehre leicht gemacht.“ Reiten hat zwar viel mit Praxis zu tun, aber nicht umsonst gibt es Bücherweise Reitlehren die nicht immer ganz einfach zu verstehen sind.
Das heutige Thema: Losgelassenheit, Teil 1
Losgelasseneheit findet sich als 2. Punkt in der Skala der Ausbildung. Skala der Ausbildung schon einmal gehört? Wahrscheinlich schon, vielleicht kennt ihr sie sogar genauer. Wenn nicht, hier eine kurze Erklärung zum besseren Verständnis:
Die Skala der Ausbildung beinhaltet die Grundsätze der Pferdeausbildung in der klassischen Reitlehre. Sie bildet die Ausbildungsgrundlage für jedes Reitpferd, egal ob Sport oder Freizeit.
Doch nun zur Losgelassenheit. In den Richtlinien Band 1, Grundausbildung für Reiter und Pferd (2012, S. 225) findet sich folgende Definition:
„Die Losgelassenheit ist gekennzeichnet durch regelmäßiges An- und Abspannen der Muskulatur, setzt Zwanglosigkeit voraus und beinhaltet innere Gelassenheit.“
Gleich danach steht folgender Merksatz, den ich für echt wichtig halte:
„Die Losgelassenheit ist ein Zustand, der nicht nur in der Lösungsphase erreicht werden soll, sondern auch bei intensiver Arbeit und sportlicher Leistung stets erhalten bleiben muss. Konzentrierte, positive Anspannung steht dabei nicht im Widerspruch zur Losgelassenheit, sie ist Voraussetzung für sportliche Leistungsfähigkeit.“
Losgelassenheit betrifft die Muskulatur deines Pferdes, den psychischen Zustand und auch die Leistungsbereitschaft deines Pferdes. Zum Erkennen von Losgelassenheit gibt es folgende Merkmale:
Zufriedener Gesichtsausdruck (Augen, Ohren, Lippen)
Gleichmäßig schwingender Rücken
Getragener, mit der Bewegung pendelnder Schweif
Gleichmäßige, entspannte Atmung
Ruhige Maultätigkeit bei leichter Kieferbewegung und geschlossenen Lippen (durch die Kautätigkeit entsteht Schaumbildung)
Ruhiges Abschnauben
Fallenlassen des Halses aus dem Widerrist heraus und Dehnungsbereitschaft
Konzentrierte Mitarbeit und Akzeptanz der Reiterhilfen
Mithilfe dieser Merkmale kann Losgelassenheit erkannt werden. Wenn ihr noch nicht auf eines oder auf einige dieser Merkmale achtet, so merkt euch ein oder zwei Merkmale und probiert mal aus. Bei manchen Merkmalen braucht man Hilfe. Zum Beispiel um festzustellen, ob der Schweif gleichmäßig mitpendelt. Lasst euch ein paar Minuten filmen beim Reiten oder achtet auf dieses Merkmal bei der Bodenarbeit. Wenn ihr euch nicht sicher seid, wie man zum Beispiel einen gleichmäßig schwingenden Rücken erkennt und erspürt, so fragt eure Trainerin oder euren Trainer. Sie werden euch dabei helfen.
Wer mich und meine Arbeit kennt, weiß, dass Losgelassenheit für mich das wichtigste Prinzip in der Ausbildung von Pferd und auch Reiter darstellt. Mehr dazu, was ich damit verbinde, stets umzusetzen versuche und weitergeben möchte, erfahrt ihr im nächsten Artikel.
Bis dahin, habt Freude am Reitsport!
Eure Vicky
Quelle: Deutsche Reiterliche Vereinigung (2012): Grundausbildung für Reiter und Pferd, Band 1.